Dienstag, 4. Juli 2023

Verteilnetzforum 2023


Die sechste Ausgabe des Verteilnetzforums beschäftigte sich am 20. Juni 2023 neben der Revision StromVG und EnG, dem Stand der aktuellen Gesetzesberatung, der Grundversorgung und Versor-gungssicherheit, der Netzplanung im Kontext der Energiewende, mit der richtigen Beschaffungsstra-tegie, auch mit der resilienten Orchestrierung des Verteilnetzes und der Netzstabilität.

Mit rund 60 Teilnehmenden wurde erneut in offener und konstruktiver Atmosphäre im schön gelegenen GDI in Rüschlikon über die aktuellen und künftigen Herausforderungen für Schweizer Verteilnetzbetreiber diskutiert. Zu Beginn ordnete

Dr. Mohamed Benahmed, Leiter Sektion Netze, Bundesamt für Energie BFE, die gegenwärtigen Entwicklungen des Netzgeschehens ein. Der Mantelerlass mit Revisionen zum Ener-gie- sowie Stromversorgungsgesetz sollte nach aktueller Planung zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Eine Rückerstattung von Netzentgelten wäre dann auch für P2X Anlagen möglich. Ebenfalls könnten sich die Endverbraucher zu einer lokalen Elektrizitätsgemeinschaft «LEG» zusammenschliessen und das öffentliche Netz mit einem Abschlag von maximal 60% vom ordentlichen Netzentgelt nutzen. Auch das Messwesen soll zumindest teilweise liberalisiert und das Kundenbedürfnis nach «Echtzeitdaten» vorangetrieben werden. Gerade die Teilliberalisierung im Messwesen ist jedoch noch strittig zwi-schen den Räten. Es ist auch ein nationales Datenregister für Messdatenaustausch in Planung. Flexi-bilität soll (vorrangig) für den Netzbetreiber einsetzbar sein, für den Kunden bestünde die neu anstelle eines «Opt-in» eine «Opt-Out» Möglichkeit. Weitere Reservekraftwerke sollen ab Sommer mit einer Leistung von 1'000 MW ausgeschrieben werden.

Anschliessend thematisierte Dr. Karin Söderström, Fachspezialistin Energieforschung und Cleantech, Bundesamt für Energie BFE die Sandbox Projekte. Diese versprechen einen Mehrwert von innovati-ven Technologien und Geschäftsmodellen in einem stark regulierten Sektor. Jedoch betreffen diese nur die Bestimmungen zu Grundversorgung, Aufgaben der Netzbetreiber und Netznutzung. Ziel sei, die Mehrwerte / Innovationen LIVE im Netz zu testen. Das BFE nimmt entsprechende Anfragen für «Regulatory Sandboxes» gerne entgegen.

Dr. Barbara Wyss, Leiterin Sektion Preise und Tarife, Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom ging auf die Versorgungssicherheit und die aktuelle Strompreissituation ein. Die neue Winterreserve gehört zur den Systemdienstleistungen und damit zur Netznutzung. Sofern die Systemdienstleistungskosten separiert dargestellt werden, müssen auch die Kosten der Winterreserve separat ausge-wiesen werden. Für tarifglättende Massnahmen seien auch weiterhin Unterdeckungen möglich. Die eigentliche «Kampagne» Unterdeckungen mit dem Ziel jene aus der Vergangenheit abzubauen, werde jedoch zeitnah mit wenigen Verfügungen abgeschlossen.

Dr. Katja Keller, Leiterin Netzwirtschaft, BKW gab uns ein Update aus der Sicht der Branche. Der Autarkiegrad bei starkem PV-Ausbau steigt selbst in einzelnen Gemeinden nicht über 37%. Zudem wird ein Pauschalverfahren / Vergütung für Netzverstärkungen (für den Anschluss von Erneuerbaren Anlagen) gewünscht.



Dr. Thomas Marti, Bereichsleiter Netze und Berufsbildung, Verband Schweizerischer Elektrizitätsun-ternehmen VSE, berichtete von OSTRAL aus Sicht des VSE. Schweizweit sollen einheitliche Informa-tionen zur Abschaltung über eine App oder Webpage bereitgestellt werden.



In der anschliessenden Diskussionsrunde mit Dr. Mohamed Benahmed, Dr. Barbara Wyss, Dr. Katja Keller und Dr. Thomas Marti, moderiert von Dr. Markus Flatt, wurde nochmals detailliert auf OSTRAL, die Stromreserve, auf Smarte Netze, LEG und Netzverstärkungen eingegangen. Die Teilnehmer des Podiums waren sich einiges, dass in den nächsten Jahren viel gehen muss und die Herausforderun-gen für alle Akteure gross sind. Wichtig sei nun Rechtssicherheit mit dem neuen Mantelerlass.


Nach dem Mittagessen stellte Nico Waldmeier, geschäftsführender Partner, EVU Partners, den Teil-nehmenden die Frage: «Führen Grundversorgung und hohe Marktpreise zur Konsolidierung der Bran-che?» Er beleuchtete dabei insbesondere die aktuelle Energiepreissituation und die Beschaffungsstrategien, welche bei einzelnen Netzbetreibern fehlendes Risikomanagement aufgedeckt hätten. Sein Fazit: eine Konsolidierung ist nicht gerade absehbar, aber Tempo und Druck nehmen zu. Zahlreiche kleine Netzbetreiber und Gemeinden haben im Rahmen der Krise den Handlungsbedarf erkannt und sind daran sich über ihre Zukunft ernsthaft Gedanken zu machen.

Riccardo Pozzi, Leiter Energiewirtschaft, Primeo Energie berichtete uns anschliessend die Learnings der Primeo Energie zur Strombeschaffung aus der Energiekrise 21/22. Und er teilt mit Nico Waldmeier eine Erkenntnis: Energiebeschaffung in Tranchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten über Jahre hinweg glättet das Risiko von Preisverwerfungen. So sollte die Beschaffungsstrategie (Tranchenbe-schaffung) stets beibehalten – und nicht panisch geändert werden. Er informierte auch, dass für die Vollversorgung zukünftig mit höheren Risikoaufschlägen gerechnet werden müsste. Auch Langfristverträge können dabei als interessante Alternative gelten: auch hier gilt es aber beim Zeitpunkt und bei der Preisfestlegung die damit verbundenen Risiken gut im Auge zu behalten.


Mit Langfristplanung und einer langfristigen Beschaffungsstrategie folgte Marco Huwiler, Geschäftslei-ter Technische Betriebe Wil (TBW) und Departementsleiter Versorgung und Sicherheit. Auch er teilte eine Erkenntnis seiner Vorredner: Ein Energieversorger kann sich keine Spekulation zulasten seiner Endkunden erlauben. Gleichzeitig zeigte er auf, dass der Aufbau von mehr Eigenproduktion herausfordernd ist.

Abschliessend diskutierten Nico Waldmeier, Riccardo Pozzi und Marco Huwiler, moderiert von Dr. Markus Flatt die Themen Beschaffung und den Grundversorgungsauftrag beim Netzbetreiber.


Nach der zweiten Kaffeepause, in der die Themen angeregt diskutiert wurden, ging René Soland, Leiter Geschäftsbereich Netze und Mitglied der Geschäftsleitung, AEW Energie auf die Energiewende und die damit verbundenen Herausforderungen für Verteilnetzbetreiber ein. Der Zubau von Solaranlagen verändert den Netzlastverlauf. Und es kommen laufend Kosten für den Netzausbau/Sanierung hinzu. Dies sei aber bewältigbar, letztlich baue mal seit über 100 Jahren Netze. Die AEW Energie sei u.a. mit nächtlichen Netzberechnung mit aktuellen Messdaten dazu gut aufgestellt. Die Herausforderungen, insbesondere auch auf administrativer Ebene, würden aber gewaltig gewachsen.

Olivier Barthe, Product Manager Smart Grid, Swistec Systems referierte über eine resiliente Orchestrierung des Verteilnetzes. Er differenzierte zwischen der zeitlichen Disparität (Einspeisung und Energiebedarf (Last)) und einer örtlichen Disparität. Wichtig sei eine vorausschauende Orchestrierung des Netzes und resiliente, dezentrale Verteilnetz-Steuerungen. Mit mehr Steuerung, mehr Flexibilität und einem zunehmenden «Smarten» Grid gelinge es, Lasten zu verschieben und Energiespeicher zu nutzen. Nur so sei die Netzentwicklung für die Energiewende nachhaltig und finanzierbar.

Pascal Kienast
, COO & Co-Founder, CLEMAP sprach sich für smarte und stabile Netze aus, um da-bei Flexibilitäten zu nutzen. Es läge daran, die Daten zwischen Kunden und Netzbetreiber abzustimmen. Dadurch könnten die Netzbetreiber ihren Netzausbau reduzieren. Das Projekt von AIL ermöglicht flexiblen Kunden einen Netzentgeltrabatt von 1 Rappen pro kWh bzw. 1 CHF pro kW pro Monat. Diese finanziellen Anreize erhöhen letztlich die Akzeptanz seitens der Kunden.

Das Verteilnetzforum fand seinen thematischen Abschluss in der Diskussionsrunde mit René Soland, Olivier Barthe, Pascal Kienast und Tobias Mohrhauer, moderiert von Dr. Markus Flatt zu den Themen Flexibilität und Netzplanung.



Moderiert wurde der Tag von Dr. Markus Flatt, geschäftsführender Partner von EVU Partners. Flatt gab den hochkarätigen Beiträgen und Diskussionsrunden einen optimalen Rahmen und hat die Refe-rentInnen mit den richtigen Fragen und dem Einbezug des Publikums gefordert. Nicht zuletzt die pro-duktiven Diskussionen und das ausgezeichnete Networking, sowie die sehr gute Stimmung aller Teil-nehmenden und Referenten rundeten den Erfolg der Tagung ab.


Das nächste Verteilnetzforum findet am 26. Juni 2024 in Zürich statt. Informationen zu Agenda, Referenten und Anmeldung finden Sie unter www.verteilnetzforum.ch. 

Montag, 21. November 2022

Jauslin moniert "Hyperaktivismus" in der Energiepolitik

Rüschlikon (energate) - An einer Podiumsdiskussion kritisierte FDP-Nationalrat Matthias Jauslin die gegenwärtige Schweizer Energiepolitik. "Wir in der Politik sind in einen Hyperaktivismus verfallen", monierte Jauslin an der Vertriebsleitertagung Energie. Das sei vor allem in der vergangenen Session zu sehen gewesen. "Wir haben Gesetze verabschiedet, die wir vor zwei Jahren noch nicht verabschiedet hätten", so der FDP-Politiker. Zudem habe das Parlament der Bevölkerung auch "ein bisschen Sand in die Augen gestreut", etwa in Bezug auf den "Grimsel-Paragrafen", der es ermöglichen soll, die Staumauer um 23 Meter zu erhöhen (energate berichtete). "Wir nehmen das ins Gesetz auf, dabei wissen alle, dass dort vor 2025 gar nichts passiert", so Jauslin. In diesem Fall sei die Dringlichkeit nicht gegeben gewesen. 

Hyperaktivismus warf Jauslin aber nicht nur dem Parlament vor, sondern auch dem Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). "Nehmen wir diese acht Gasturbinen in Birr", sagte der Nationalrat. "Die sind in der CO2-Bilanz eine Katastrophe." Überhaupt würden solche Notkraftwerke sonst nur in Kriegs-, Krisen- und Katastrophengebieten eingesetzt. "Wir haben zehn Jahre geschlafen, vielleicht ein bisschen länger, und kommen jetzt zum Schluss, dass wir eben verschlafen haben", kritisierte Jauslin. "Da müssen wir uns selber an die Nase fassen, dass wir nicht früher reagiert, sondern auf Eigenverantwortung gesetzt haben."

Suter weist Vorwürfe zurück

SP-Nationalrätin Gabriela Suter erwiderte, dass eine Allianz von Mitte bis SVP die Energiewende in den letzten zehn Jahren immer wieder systematisch torpediert habe. "Jetzt haben wir die Quittung", so Suter. "Wir hätten schon lange sehr viel schneller ausbauen und Erneuerbare zubauen wollen; aber man hat zum Beispiel beim Photovoltaikausbau gezielt einen Deckel gemacht." Dadurch seien lange Wartelisten entstanden und gesprochene Fördergelder fürs ganze Jahr schon Ende Februar aufgebraucht gewesen. "Wir hatten im Parlament Motion um Motion eingegeben, um diese Fördergelder voranzutreiben", so Suter, und an Jauslin gerichtet: "Das habt ihr von eurer Seite auch blockiert." Zudem habe sich die Politik sehr stark auf den Import von Strom verlassen. Daraufhin konterte Jauslin, dass SP und die Grünen immer für Maximalforderungen eingestanden seien, die in der Politik nicht umsetzbar seien. "Maximalforderungen führen eben zu einem Crash", so der FDP-Politiker.

Für Noah Heynen, CEO vom Energiedienstleister Helion, machte es sich Jauslin mit seiner Aussage "zu einfach". Die Richtung in der Politik sei gut gewesen, "aber wir haben einfach gepennt und waren inkonsequent", so Heynen. Beispielsweise habe die Politik in der Photovoltaik einst ein Ausbauziel von 11,4 Mrd. kWh bis zum Jahr 2035 ausgegeben. "Das ist einfach nichts", kritisierte Heynen. Nun sei das Ziel auf 34 Mrd. kWh erhöht worden (energate berichtete). "Und jetzt kommt langsam etwas in Gang", so der Helion-CEO. Dabei sei die Faktenlage damals nicht anders gewesen als heute. "Nur: Jetzt geht es irgendwie", so Heynen und fügte an Suter und Jauslin gerichtet an: "Schade, habt ihr es nicht früher machen können." 

Redakteur Michel Sutter, energate




Donnerstag, 30. Juni 2022

Verteilnetzforum: Elcom betrachtet Schwellenwert von 60 Franken als angemessen

Luzern (energate) - Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) verteidigt den Schwellenwert von 60 Franken, der künftig für Netzbetreiber gelten soll, wenn sie ihre Verwaltungs- und Vertriebskosten in der Grundversorgung in Rechnung stellen. 60 Franken reichten pro Rechnungsempfänger für die Kosten im Vertrieb plus Marge aus, so Barbara Wyss, Leiterin Sektion Preise und Tarife bei der Elcom, im Rahmen des Verteilnetzforums in Luzern.

Zu diesem Schluss ist die Elcom gemäss Wyss bei ihrer Routineprüfung des Schwellenwerts gekommen, die die Behörde alle zwei bis drei Jahredurchführt. Dabei überprüft sie, ob die geltenden Schwellenwerte noch zu angemessenen Tarifen im Sinne der Stromversorgungsgesetzgebung führen.

Gewinn hat gemäss Elcom zugenommen

Bei der aktuellen Analyse stützt sich die Behörde auf Daten aus dem Geschäftsjahr 2020. Damals war der Schwellenwert bereitsvon 95 auf 75 Franken und der maximal zulässige Wert von 150 auf 120 Franken pro Rechnungsempfänger und Jahr gesenkt worden (energate berichtete https://www.energate-messenger.ch/news/184982/75-franken-regel-elcom-will-verbraucher-schuetzen). Die neue Analyse der Elcom hat laut der Behörde aufgezeigt, dass die damalige Senkung des Schwellenwertes zwar zu tieferen Gewinnen geführt hat. Verglichen mit der ersten Analyse, die auf Daten aus dem Geschäftsjahr 2011 basierte, habe der ein tarifierte Gewinn im Jahr 2020 jedoch deutlich zugenommen, so die Behörde. Der Gewinn komme trotz der Senkung um einen Drittel höher zu liegen.

Am Verteilnetzforum sagte Wyss ferner, das Problem sei, dass die volle Marktöffnung noch nicht umgesetzt worden sei. Daher sei das Gesetz im Bereich Energie auch noch nicht so detailliert ausgestaltet. Bei der Tarifierung in der Energie und im Vertrieb stelle sich die Frage, wie das Risiko entschädigt werden solle. Die Elcom arbeite im Sinne einer Übergangsregelung mit den wirklich angefallenen Kosten. Dabei werde sichergestellt, dass in der Grundversorgung keine beliebige Marge erhoben werden könne. An die Netzbetreiber gerichtet sagte sie, diese seien frei, die 60-Franken-Regel schon ab diesem Jahr einzusetzen.

Staub: Absolute Schmerzgrenze erreicht

Für Cornelia Staub, Head Corporate Regulatory Management bei Axpo, ist mit der 60-Franken-Regel jedoch eine "absolute" Schmerzgrenze erreicht. Sie verwies dabei auf den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), der sich ebenfalls kritisch geäussert hatte (energate berichtete https://www.energate-messenger.ch/news/223497/vse-kritisiert-die-elcom-wegenschwellenwertsenkung). "Viele Mitglieder des VSE sind der Überzeugung, dass sie 60 Franken nicht einmal kostendeckend Drittengeben könnten", sagte Staub am Verteilnetzforum. Sie warf der Elcom zudem vor, eine Kehrtwende gemacht zu haben. Die Marge in diesem Bereich sei etwas, worüber man lange diskutiert habe. Es sei auch von prozentualen Aufschlägen die Rede gewesen. Stattdessen betrachte die Elcom diese Marge als Fremdkörper. "Dass sie nun auf die Verzinsung des notwendigen Vermögens reduziert wird, wird definitiv nicht begrüsst", so Staub.

Der Schwellenwert von 60 Franken soll ab 2024 gelten. Falls Kosten und Gewinn weniger als 60 Franken ergeben, gehen sieohne Prüfung durch. Liegen die beiden Grössen über 60 Franken, gibt es ein differenziertes Vorgehen, bei dem die Kostennachgewiesen und der Gewinn gekürzt werden muss. Das Maximum liegt dann bei 100 Franken. Sie hat die neue Weisung am 7. Juni veröffentlicht.


Redakteur Michel Sutter, energate

Experten am Innovationsforum Mobility: Strombedarf für Elektroautos geringer als befürchtet

Rüschlikon (energate) - Der Mehrbedarf an Strom aufgrund des Booms von Elektrofahrzeugen dürfte deutlich kleinerausfallen als befürchtet. Diese Ansicht vertraten Experten am Innovationsforum Mobility in Rüschlikon.

Wegen der Effizienz von Elektromotoren liege der Zuwachs an Strombedarf bei etwa 10 bis 15 Prozent, so René Burkhard, Leiter Markt Schweiz bei Repower. Die Frage sei mehr, wann man denn den zusätzlichen Strom benötige. "Was machen wir beispielsweise im März?", fragte Burkhard. "In diesem Monat ist immer etwas weniger Strom vorhanden, weil die Speicherseen leer sind und der Schnee noch nicht geschmolzen ist." Das Problem sei aber lösbar.


Dieser Meinung schloss sich Stefan Dörig an. Der Head of Regulatory and Public Affairs bei Tiko Energy Solutions sieht in Energiemanagementsystemen die Lösung. "Das Problem für die Netze ist ja die Gleichzeitigkeit des Strombedarfs", so Dörig. Mit einem schlauen Management lasse sich das ausgleichen. Zudem erinnerte Dörig daran, dass das Netz nicht nur wegen der Elektromobilität mehr belastet werden dürfte. "Wir elektrifizieren ja auch die Wärme", sagte er. "Kommt hinzu, dass wir immer mehr Strom aus Sonne und Wind haben werden." Ein Thema in diesem Zusammenhang ist auch die Nutzung der Batterie als Stromspeicher. "Für uns ist das ein Riesenthema", sagte Tobias Wülser, Gründer von Designwerk. Burkhard ergänzte, dass eine Autobatterie auch nach Jahren noch eine grosse Kapazität habe.

Guetg glaubt weiterhin an den Fortbestand der Verbrenner

Lauter Vorteile also für die Elektromobilität. Doch was ist mit den anderen Antrieben? Christian Pho Duc von Smartenergy sieht Elektroautos im Personenverkehr zwar vorne, würde aber Wasserstoff nicht unterschätzen: "Das Thema hat einen enormen Schub bekommen." Und Maja Guetg, Inhaberin der Guetg-Garage, glaubt sogar an den Fortbestand der Verbrenner - trotz desgeplanten Verbotes seitens der EU ab 2035: "Verbrennermotoren werden niemals komplett verschwinden." Zumindest in Oldtimern würden solche Motoren überleben.

Redakteur Michel Sutter, energate

Innovationsforum Mobility - Christian Pho Duc: Verbrennerverbot könnte Wasserstoff zugute kommen


Rüschlikon (energate) - Das in der EU geplante Verbot von Autos mit Verbrennermotoren könnten Wasserstoff als Antriebstechnologie in der Mobilität neuen Schwung verleihen. Dieser Meinung ist Christian Pho Duc, CTO bei der Investitionsfirma Smartenergy.

"Das wird für Wasserstoff ein Booster werden", so Pho Duc im Rahmen des Innovationsforums Mobility. Ohnehin seien alternative Antriebe in der Mobilität wegen der gestiegenen Öl- und Gaspreise attraktiv geworden, sagte der Smartenergy-CTO.

Das gilt insbesondere für Elektroautos. Wie Christoph Schreyer, Leiter Energieeffizienter Verkehr beim Bundesamt für Energie(BFE), ausführte, hat die Schweiz im ersten Quartal des Jahres bezüglich der Neuzulassungen bei Elektrofahrzeugen Deutschland überholt. Allerdings sei der Ausbau der erneuerbaren Energien die zentrale Voraussetzung für die weitere Entwicklung der Elektromobilität, sagte Schreyer.

Redakteur Michel Sutter, energate

Innovationsforum Energie: schnellere Anpassung der Regulierungen gefordert

Zürich (energate) - Im Rahmen des Innovationsforums Energie ist Kritik an der jetzigen Regulierung im Strommarktbereich laut geworden. Die Regulierung von heute sei immer noch dieselbe wie vor Mai 2017, als die Energiestrategie von der Stimmbevölkerung angenommen worden sei, monierte etwa David Thiel, CEO von Aliunid.

"Es geht immer noch um eine zentrale Energieversorgung", so Thiel. Das Konzept der Energiestrategie basiere jedoch auf dezentralen Energien. Und diesen geistigen Schritt habe die Schweiz noch nicht vollzogen.











Matthias Galus, Head Digital Innovation Office beim Bundesamt für Energie (BFE), pflichtete Thiel bei, dass die Regulierung von heute ursprünglich auf ein anderes System ausgelegt worden sei. Sie sei ja schliesslich auch schon 2007 entstanden. "Aber damals hat noch niemand von Vehicle-to-Grid oder von Batterien im Haushalt gesprochen", so Galus. "Ich denke, wir haben die Regulierung weiterentwickeln können, aber es war auch immer der Plan, nach der Energiestrategie die Netzregulierung, vor allem das Stromversorgungsgesetz, nochmals wesentlich anzupassen."

Thiel spricht sich für späteren Smart-Meter-Rollout aus

Das Stromversorgungsgesetz (StromVG) diente Martin Föhse, Partner bei Kellerhals Carrard, als Steilpass. "Das StromVG basiert auf dem Elektrizitätsmarktgesetz, und da sind wir in der Welt vor 20 Jahren", so Föhse. Die Regulierung hinke der Entwicklung immer hinterher. Zudem denke man zu wenig gesamtstrategisch: "Der Bundesrat wird dauernd von Partikularinteressen überholt", monierte Föhse. "Das führt dazu, dass man kein kohärentes durchdachtes Gesamtsystem hat." Dieser Meinung war auch Thiel: "Es fehlt einfach das System, die Vision", so der CEO von Aliunid. "Wir werden dezentral produzieren." Deshalb brauche man Echtzeitdaten, denn ohne diese gebe es keine Steuerung. "Wir können ein Netz nicht über Werte von 15 Min. steuern", sagte Thiel. Er plädierte auch deshalb dafür, den Smart-Meter-Rollout um fünf Jahre zu verschieben: "Wir werden in den nächsten fünf Jahren eine grundlegend andere Welt haben, wie die Stromnetze funktionieren, wie eine Stromrechnung und die Versorgungssicherheit aussieht", argumentierte Thiel. "Wir bauen sicher das Falsche."

In diesem Punkt widersprach Galus. Bei den Smart-Metern gehe es um Personendaten. "Das heisst, bei dem, was man sich gerne wünschen würde, also komplette Transparenz, stossen wir irgendwann an Grenzen des Datenschutzes", so der BFE-Mann. "Die sogenannten alten Zähler, die jetzt verbaut werden, messen in Echtzeit. Die Daten wären grundsätzlich da." Eigentlich sei man schon in dieser von Thiel beschwörten Welt. "Wenn wir nochmals fünf Jahre zuwarten und dann erneut fünf Jahre, weil es wieder neue Innovationen gibt, dann sind wir im Jahr 2040, 2045. Das wollen wir nicht. Ich glaube, wir müssen irgendwann malanfangen mit einer relativ modernen Technologie."

Zum Abschluss der Diskussion wurde die Runde noch gefragt, wann denn die vollständige Strommarktöffnung eintrete. Während Föhse glaubt, dass diese bis 2030 nicht Realität sein wird, wollte sich Galus nicht auf einen konkreten Zeitrahmen festlegen. Aber: "Ich denke, sie ist tatsächlich unausweichlich." Thiel hingegen geht davon aus, dass der Markt nicht vollständig geöffnet werden wird.

Redakteur Michel Sutter, energate

Innovationsforum Energie: Podium sieht mehrheitlich Nachholbedarf bei Wärmepumpen

Christian Pho Duc (Smartenergy), Noah Heynen (Helion), Michael Ritzau (BET) und Christian Schaffner (ETH Zürich) (v.l.) diskutierten am Innovationsforum Energie unteranderem über die Wärmeversorgung.

Zürich (energate) - Bei einer Podiumsdiskussion am Innovationsforum Energie gingen die Meinungen auseinander, inwiefern die Wärmeversorgung in Gebäuden dekarbonisiert werden können. Christian Schaffner vom Energy Science Center der ETH Zürich etwa zeigte sich diesbezüglich besorgt.

"Es werden heute noch Öl- und Gasheizungen eingebaut", so Schaffner. "Wenn wir heute eine Öl- oder Gasheizung einbauen, ist die mit hoher Wahrscheinlichkeit 2040, vielleicht auch 2050noch da." Er sei sich daher nicht sicher, ob im Gebäudebereich der Tipping-Point, also der Kipppunkt, erreicht worden sei, wie das etwa in der Elektromobilität der Fall sei.

Dem widersprach Noah Heynen, CEO von Helion. "Ich bin da wesentlich optimistischer", sagte Heynen. "Wir verkaufen 400Wärmepumpen jedes Jahr." Die meisten Hausbesitzer würden gerne eine Wärmepumpe installieren, so Heynen, aber manchen fehle das Geld. "Dagegen gibt es aber neue Finanzierungsmodelle", sagte der Helion-CEO.

Heynen: Schweiz bei Wärmepumpen viel weiter als andere Länder

Michael Ritzau, Verwaltungsrat der BET Suisse, wandte ein, dass die Installation von Wärmepumpen bei Neubauten gut laufe. "Aber im Bestand ist unsere Beobachtung, dass es extrem schwieriger ist", so Ritzau. Es gäbe zwar Lösungsansätze, aber dazu müsse man auch einen Masterplan haben, wie man die Wärme dekarbonisiere. "Ganz so trivial ist es nicht", meinte Ritzau. "Die Schweiz ist bezüglich Wärmepumpen viel weiter als andere Länder", entgegnete Heynen. Das sehe man bei den Sanierungen: Da seien Wärmepumpen mittlerweile deutlich in der Überzahl. Dem stimmte Schaffner zu: "Sowohl im Neubau als auch bei den Sanierungen ist das nicht mehr das Problem", sagte er. "Das Problem ist die Sanierungsrate. Diese ist definitiv zu niedrig."

Ritzau jedoch blieb bei seinem Standpunkt, dass die Installation von Wärmepumpen vor allem im Bestand Schwierigkeiten bereitet. Dieses Segment sei längst nicht so standardisierbar wie der Neubau. "Es ist aufwändig und erfordert viele Human Ressources", so Ritzau. Für Heynen kein Argument: "Bei neun von zehn Gebäuden ist die Installation einer Wärmepumpe heute möglich."

Redakteur Michel Sutter, energate

Klimapolitik Guidati: "Brauchen alle Technologien für Netto-Null-Ziel"

Zürich (energate) - Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, muss die Gesellschaft sämtliche Technologien nutzen, die zurVerfügung stehen. Das sagte Gianfranco Guidati, Projektleiter an der ETH Zürich, am Innovationsforum Energie.


Es werde momentan viel über die verschiedenen Technologien gestritten. Aber: "Man muss vermeiden, eine Technologie auszuschliessen",so Guidati. "Wir werden alles brauchen. Und wir müssen alles, was wir haben, in die Waagschale legen." Dazu zählte er unteranderem den Ausbau der Elektromobilität, ein Obligatorium für Photovoltaik auf Neubauten und die Installation von Wärmepumpen, wo immer diese möglich sei. Guidati plädierte aber auch für die CO2-Abscheidung und -Speicherung im Boden. Letztere benötige Regelwerke und eine Trägerschaft. 

Redakteur Michel Sutter, energate

Nachlese Innovationsforum Energie 2022

Das diesjährige und inzwischen 11. Innovationsforum Energie vertiefte in zahlreichen inspirierenden Vorträgen und Podien die Themenschwerpunkte Technologien, Dekarbonisierung und Personal.

Den ersten Tag eröffnete Dr. Wolfgang Gründinger, Demokratieforscher, Chief Evangelist bei Enpal, Buchautor, Capital Top40under40, WEF European Digital Leader, mit einem Beitrag der aufwies, wie neue Entwicklungen nur dann möglich sind, wenn man sich nicht zu sehr vom Status Quo beeinflussen lässt. Man stelle sich vor, der Wechsel im Fahrzeugbereich würde nicht von Verbrenner auf Elektro, sondern umgekehrt stattfinden: die Leute würden sich fragen worin der Vorteil liegt, wenn man nicht mehr zu Hause den Akku lädt; oder sich fragen, wer wohl eine öffentliche Infrastruktur für das Tanken «unterwegs» aufbaut!?

Die Bedeutung von Wasserstoff im Kontext von Energienachfrage und RePowerEU ordnete Christian Pho Duc, CTO and Managing Director H2 Projects, Smartenergy ein. Um den Energiebedarf nachhaltig zu decken, zeigte er die Revolution der Einstellung die notwendig ist auf , unser bereits bestehendes Wissen in unsere Gewohnheiten zu integrieren, einzusetzen und die bereits verfügbaren Technologien zu skalieren.

Marc Steiner, Richter am Bundesverwaltungsgericht präsentierte den aktuellen Stand zur öffentlichen Vergaberechtsreform. Letztere soll zu deutlich nachhaltigerem Einkaufsverhalten beim Staat führen, der sich diese Regeln selbst auferlegt hat.

Dr. Gianfranco Guidati, Projekt Manager, ETH Zürich veranschaulichte, dass es für eine Dekarbonisierung der Schweiz keiner Priorisierung von einzelnen Technologien bedarf, sondern sämtliche verfügbaren Technologien eingesetzt werden müssen. Die Kosten zur CO2-Vermeidung könnten dabei bis 2050 auf 400 CHF pro Tonne ansteigen.

Dr. Philipp Good, CTO, Synhelion zeigte das Potential synthetischer Treibstoffe, insbesondere im Langstreckenverkehr und der Luftfahrt. Zur Adressierung der Versorgungssicherheit (und insbesondere der Winterlücke) wurden Modelle u.a. von Noah Heynen, CEO und Co-Gründer, Helion vorgestellt, anhand derer eine massive Aufstockung der PV-Produktionskapazitäten diese Lücke schliessen kann – wobei die gleichzeitige Überproduktion in den Sommermonaten selbst bei Nicht-Verwendung des Stroms finanziell immer noch attraktiver sein könnte als der Aufbau weiterer Produktionskapazitäten mit alternativen Technologien.

Unternehmen, die ihren CO2-Fussabdruck berechnen und Greenwashing vermeiden möchten, sind mit dem Vortrag von Dr. Alexander Schmidt, Head of Science and Climate Research, Normative.io gut informiert worden. 

Aus einer angeregten Atmosphäre heraus wurden viele Aspekte des Tages, sowie der aktuellen und zukünftigen Markt-, technologie- und strategischen Entwicklungen in der Podiumsdiskussion, moderiert von Dr. Jens Bartenschlager, Gründer und CEO, Fidectus und Benjamin Teufel, Sector Leader Energy & Resources Switzerland, Ernst & Young aufgegriffen.

So gingen etwa beim Thema der Wärmepumpen die Meinungen auseinander, während die Handlungsnotwendigkeit auf vielen Ebenen gleichzeitig, zur Erreichung der Klimaziele, durch die Teilnehmer Noah Heynen, Christian Pho Duc, Michael Ritzau und Christian Schaffner attestiert wurde.


In Forum A wurden am zweiten Tag die Themen Geschäftsmodelle und Technologien für die neue Energiewelt adressiert. Dr. Martin Föhse, Partner, Kellerhals Carrard zeigte neben dem neuen Datenschutzgesetzt einige Zielwidersprüche in der Regulierung auf und wie man mit diesen umgehen könnte.

Was heute im Smart Metering möglich ist, präsentierte daraufhin Jean-Marc Schreiber, CEO, esolva anhand realer Beispiele. Beeindruckend waren auch die von Tim Börner, Direktor Segment Utilities & CEO, VertiGIS dargestellten Einsatzmöglichkeiten der heute verfügbaren Location Technology. Nach einem sehr spannenden Podium mit Dr. Matthias Galus, Head Digital Innovation Office, Bundesamt für Energie BFE, Dr. Martin Föhse, Partner, Kellerhals Carrard und Dr. David Thiel, CEO, Aliunid, moderiert von Dr. Jens Bartenschlager, adressierten die Referenten Tindaro Milone, Leiter Grossanlagen, EKZ zu einem Wasserstoffprojekt, Svein Kvernstuen, Chief Executive Officer & Founder, Beyonder und Dr. Ruben Vogelsang, CEO, Statron zu moderner industrieller Akkutechnologie.

Am zweiten Tag wurden in Forum B die Themen Personal, Fachkräftemangel und Attraktivität der Branche diskutiert. Es wurde angemerkt, dass es für eine Erhöhung der Attraktivität der Branche eine Kommunikationskampagne benötige, welche die kritische Relevanz des Energiesystems thematisiere. Anhand des Begriffs «New Work» wurde deutlich, dass das vermehrte Arbeiten im Home Office eine Neuverteilung der Arbeitstätigkeiten zwischen Büro und zu Hause erfordere – und sich der Fokus der Tätigkeiten zu Hause von denjenigen im Büro unterschieden sollte. 

Zudem wurde abermals deutlich, dass sich die Energiewirtschaft und die -versorger im Wandel befinden.

Aus diesem Grund freuen wir uns bereits jetzt schon auf die 12. Auflage des Innovationsforums Energie am 8. und 9. Mai 2023.


Samstag, 25. September 2021

Experten: Wasserstoff im PKW-Bereich chancenlos

Trotz der Eröffnung weiterer Wasserstofftankstellen in der Schweiz wird der Elektroantrieb im Segment der Personenwagen das Mass aller Dinge bleiben. Diese Meinung vertraten Experten an einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Innovationsforums Mobility einhellig. 



«Wasserstofffahrzeuge haben im PKW-Bereich keine Chance», sagte etwa Marco Piffaretti. Für den Gründer und Präsidenten der Firma Sun2wheel sind selbst Plug-in-Hybride Auslaufmodelle: «Diese werden sehr bald im Museum in Luzern zu sehen sein.» Auch für Hannes Rupprecht, Head of Fleet Solutions bei Shell für Österreich und die Schweiz, hat sich der reine Elektroantrieb bereits durchgesetzt: «Ich glaube, wir sehen, wie gut die Stromautos bereits heute sind. «Er sehe die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger für den Transport oder als Zwischenspeicher viel greifbarer. Und selbst Christian Pho Duc, CTO und Managing Director bei H2 Projects, Smartenergy, sieht Wasserstoff im PKW-Bereich nur als Nischenprodukt. Batteriebetriebene Personenwagen seien sehr effizient und die Zukunft: «Das ist überhaupt keine Frage.»

 

Was die Eroberung der Elektroautos auf dem weltweiten Markt angeht, waren allerdings auch kritische Voten zu hören. Etwa von Marco Lessacher, CEO von Alphabet International. Lessacher berichtete, er sei jahrelang in Osteuropa unterwegs gewesen, und dort sei die Elektromobilität «überhaupt kein Thema». Skeptisch sieht er die Entwicklung der Elektromobilität auch in anderen Kontinenten. Ähnlich äusserte sich Rupprecht. CO2 sei ein globales Problem, sagte er: «Es ist ja schön, wenn w
ir hier alle mit Elektroantrieb fahren, aber wenn es der Rest der Welt nicht macht…»

 

Burkhard: E-Mobilität hat nur geringen Einfluss auf Strombedarf

 

Ein weiterer Kritikpunkt war der Ausbau der Infrastruktur. Diese ist aus Sicht Lessachers noch nicht an dem Punkt, wo sie sein sollte. Rupprecht pflichtete ihm bei, gab jedoch zu bedenken, dass die Infrastruktur bezüglich Wasserstoff noch schwächer sei. René Burkhard, Leiter Markt Schweiz bei Repower, hielt derweil fest, die Schweiz habe ein «wunderbares» Stromnetz, von dem sie jetzt profitiere. «Wir haben aktuell vielleicht 60 Mrd. kWh Endverbrauch», so Burkhard. «Dieser könnte sich mit der Elektromobilität noch erhöhen, aber nicht signifikant.» Man müsse einzig darauf achten, dass nicht alle Autos gleichzeitig geladen würden.

 

Damit nahm Burkhard im Prinzip die Antwort auf eine spätere Frage hinweg, nämlich ob die Dekarbonisierung der Mobilität und die Energiewende gleichzeitig möglich seien. «Das ist ein paralleler Prozess», so Burkhard. «Ich bin in Bezug auf die Stromversorgung zuversichtlich, dass wir das schaffen und genügend Strom im Winter vorhanden sein wird.» Das sei schliesslich alternativlos. «Wir haben gar keine andere Wahl», sagte auch Rupprecht. Die Frage sei eher, ob man diesen Wandel in der nötigen Geschwindigkeit hinkriege. «Je mehr wir darüber reden, desto weniger machen wir es.» Und Pho Duc merkte an, dass man das Ziel, die Temperaturerwärmung im globalen Schnitt auf 1,5 Grad zu beschränken, mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht mehr erreichen könne. «Wir bemühen uns gerade, das 2-Grad-Ziel zu erreichen», so Pho Duc. «Das heisst, wir haben hier ein echtes Problem, wo die ganze Klimageschichte hingeht, obwohl wir eine Vorreiterrolle einnehmen.»


Redakteur Michel Sutter, energate

Donnerstag, 2. September 2021

Subventionen für Wasserstoff bei Podiumsdiskussion umstritten

Die Diskussionsrunde zum Thema Wasserstoff am Innovationsforum Energie war sich einig, dass der Energieträger grosses Potenzial hat.

Es gebe in der Schweiz noch kein Fördersystem für Wasserstoff, weil man dazu erst verschiedene Fragen beantworten müsse. Das sagte Markus Bareit, Fachspezialist Energieversorgung und Monitoring beim Bundesamt für Energie (BFE), an einer Diskussionsrunde beim Innovationsforum Energie. "Wir müssen aus Gesamtenergiesicht zuerst sehen: Wo macht Wasserstoff in der Schweiz überhaupt Sinn?", so Bareit. "Wo sind die Anwendungsbereiche? Wie viel Wasserstoff wird es sein?" Erst wenn diese Fragen beantwortet seien, habe man ein komplettes Bild, welche Rolle Wasserstoff in der Schweizer Energiepolitik spielen könnte. Im gleichen Votum sprach sich Bareit für Subventionen aus, um Wasserstoff zu fördern: "Für einen wirklichen Marktvorlauf machen Subventionen wahrscheinlich Sinn. Deshalb finde ich die Strategie von Deutschland nicht schlecht." Bareit betonte, dass seine Aussagen seine persönliche ökonomische Sicht widerspiegelten und nicht die Haltung des BFE. 

Subventionen waren in der Diskussion zuvor auch schon gefordert worden, etwa mittels einer Quote oder eines Einspeisetarifs, ähnlich wie in der Photovoltaik. Allerdings waren nicht alle damit einverstanden. So outete sich etwa Stefan Linder, Head of Technology and Innovation bei Alpiq, auf dem Podium als Subventionsgegner. "Sie bewirken Entwicklungen, die einfach nicht gesund sind", so Linder. Wenn man sich überlege, wie ein System in Zukunft ausschauen muss und welche Zielsetzungen man hat, sei es vielleicht sinnvoll, dass man an den richtigen Orten eine Förderung ansetze. "Aber ich glaube, zu jeder Förderung gehört eine Exitstrategie, sodass ganz klar ist, wann sie zu Ende ist", schränkte Linder ein.

Linder und Grolman warnen vor Alleingängen

Linder zeigte sich auch kritisch, was die momentane Euphorie rund um Wasserstoff anbelangt. Er warnte die EVU davor, den Energieträger selber herstellen zu wollen. "Es ist eine schwierige Technologie, die noch nicht voll industrialisiert ist", sagte Linder. "Das ist kein Plug and Play." Vor allem solle man es nicht alleine versuchen, wobei Linder auch mahnte, nicht irgendeinen Partner dafür zu suchen. Es gebe selbst in der Schweiz nicht sehr viele Unternehmen, die die Technologie richtig verstünden. "Suchen Sie sich dasjenige heraus, das nicht nur sagt, dass es Wasserstoff kann, sondern es auch bewiesen hat", empfahl Linder.

Auch Felix Grolman, Head of Energy und Verwaltungsrat bei Energie 360 Grad, war der Ansicht, ein EVU solle keine Alleingänge wagen. Und auch keine Schnellschüsse. "Wir werden in der Schweiz nicht in grossem Stil Wasserstoff produzieren; da gibt es bessere Standorte", so Grolman. Als Schweizer Unternehmen könne man nicht das Ziel herausgeben, Weltmarktführer zu werden.

Das Potenzial von Wasserstoff war in der Runde jedoch unbestritten. Für Michael Ritzau, Verwaltungsrat von BET Suisse, ist der Energieträger systemisch notwendig. "Die Energiestrategie sagt, dass wir mehr grosse Wasserspeicher brauchen, aber die muss man erst mal bauen", begründete Ritzau seine Aussage. "Da sehe ich die Vorteile von Wasserstoff." Und Christian Pho Duc, CTO und Managing Director H2 Projects bei Smartenergy, ergänzte: "Es gibt Bereiche, die bezüglich Effizienz am besten und einfachsten mit Wasserstoff zu lösen sind." /ms 

Redakteur Michel Sutter, energate




Sonntag, 20. Juni 2021

Verteilnetzforum: Rege Diskussionen um Netzausbaukosten


Vor allem Mohamed Benahmed, Leiter Sektion Netze beim Bundesamt für Energie BFE (Mitte), und Katja Keller, Leiterin Netzwirtschaft bei der BKW (rechts), waren nicht immer einer Meinung.

Zürich (energate) - Am Verteilnetzforum vom 15. Juni stand das Thema Netzausbaukosten und wie diese möglichst tief gehalten werden könnten ganz oben auf der Agenda. Rege diskutiert wurde dabei das Potenzial der Flexibilitäten und die zielführendste Form der Netztarifierung. Bezüglich Netztarifierung attestierte Mohamed Benahmed, Leiter Sektion Netze beim Bundesamt für Energie (BFE), vor allem dynamischen Tarifen (sowohl leistungs- auch als energieseitig) ein grosses Potenzial, um die Netzauslastung besser zu steuern. Benahmed bezog sich dabei auf eine vom BFE in Auftrag gegebene Studie zum Thema Netztarife. Diese befindet sich demnach im Stakeholderprozess und soll demnächst publiziert werden. Katja Keller, Leiterin Netzwirtschaft bei der BKW, sah dynamische Netztarife - insbesondere wenn diese auch die Energie (Arbeit) umfassen - hingegen eher kritisch. Ihr falle es schwer, sich das vorzustellen, sagte sie. «Wenn ich zum Beispiel sage, mittags um 12 ist die Energie besonders günstig, also grün, aber das Netz sehr belastet, also rot, dann bin ich wieder bei gelb», so Keller. «Wie passt das zusammen? Was kommt beim Kunden an? Was versteht er dann noch?» Keller argumentierte weiter, dass die Kosten im Verteilnetz im Wesentlichen von der bereitgestellten Gesamtleistung abhängen würden. Ihr zufolge sind Leistungsvorhaltung und somit Kosten unabhängig von der effektiven zeitlichen Beanspruchung, weshalb sie im Sinne der Verursachergerechtigkeit für eine konsequente Netztarifierung basierend auf der Anschlusskapazität plädierte. 

Obwohl dynamische Tarife in der Netztarif-Studie anscheinend gut abschneiden, wird das Thema im «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» noch nicht explizit aufgegriffen. Das deutete Benahmed an der Veranstaltung an. Gleiches gilt für lokale Tarife - also Netztarife, welche die Nähe von Produktion und Erzeugung in irgendwelcher Form abbilden bzw. belohnen. Die Studie komme zu keinem positiven Schluss in puncto lokale Tarife und Verursacherprinzip, so Benahmed. Er sagte weiter, dass das BFE erwartet, dass das Thema bei der Behandlung der Gesetzesvorlage im Rat wieder aufkommen werde. In diesem Sinn wird die Netztarif-Studie wohl allerspätestens dann als Grundlage für die Debatte publiziert sein.

Flexibilitäten kein Allheilmittel gegen Netzausbaubedarf

In der Folge wurde auch das Potenzial der Flexibilitätsnutzung zur Reduktion des Netzausbaubedarfs diskutiert. Keller verwies dabei darauf, dass der Netzausbau sehr langfristig orientiert sei, die Flexibilitätsnutzung dagegen kurzfristig. Den Einbezug der Flexibilität in die Netzplanung bezeichnete Keller daher als sehr schwierig und die BKW-Netzleiterin äusserte entsprechend ihre Zweifel, dass die Flexibilitätsnutzung wirklich den Netzausbaubedarf reduzieren könne. Wirksam hierfür sieht sie eher die Abriegelung bzw. das Peak-Shaving von Produktionsanlagen. «Für mich hat das netzdienlicheren Charakter als dieses abstrakte Heilmittel Flexibilitäten», so Keller. In der Diskussion räumte dann auch Benahmed ein, dass sich der Netzausbaubedarf durch Flexibilitätsnutzung langfristig nicht wirklich verhindern lasse. «Wir können es aber verzögern»
, so der BFE-Mann. 

Wie hoch der Effekt der Flexibilität auf die künftigen Verteilnetzkosten genau sein könnte, das will das BFE in einer Netzkostenstudie übrigens genauer untersuchen lassen, wie Benahmed weiter berichtete. In der Studie sollen demnach die Effekte einer starken Elektrifizierung und eines starken Ausbaus der erneuerbaren Energien auf die Verteilnetzkosten basiert auf den neuesten Energieperspektiven untersucht werden. Sensitivitäten sind dabei neben dem Effekt der Flexibilität beispielsweise die Laufzeit der Kernkraftwerke oder der Konzentrationsgrad der Erneuerbaren. Benahmed stellte die Publikation der Studie für Herbst in Aussicht. /mg 

Redaktor Mario Graf, energate




 

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Verteilnetzforum 2020

Die Verantwortung und Komplexität für Verteilnetzbetreiber nehmen stetig zu. Um den Austausch und die Diskussion zwischen den relevanten Akteuren wirklich voran zu bringen treffen sich die Entscheidungsträger am 18. November 2020 im Zurich Marriott Hotel zur 4. Jahrestagung Verteilnetzforum.

Fokusthemen der diesjährigen Tagung sind:

  • Revision StromVG – Auswirkungen auf die Netzbetreiber
  • Netzkostenregulierung – Update der ElCom
  • Nutzung von Smart Meter Daten – Was ist möglich? Was ist erlaubt?
  • Informatorisches Unbundling als Hemmer für integrierte Geschäftsmodelle?

Am Vormittag werden Dr. Mohamed Benahmed vom Bundesamt für Energie BFE, Dr. Katja Keller von der BKW AG und Dr. Barbara Wyss von der ElCom Impulsreferate halten, die die Teilnehmenden  auf den neusten Stand bei den drängenden Themen der Verteilnetzbetreiber bringen. Danach können die Teilnehmenden im Rahmen einer Diskussionsrunde ihre individuellen Fragen klären.

Am Nachmittag widmen sich die Referenten Dr. Maurus Bachmann (Swisseldex), Dr. Jan Marckhoff (BEN Energy) und Dr. Stefan Rechsteiner (VISCHER) und die Podiumsdiskussion den Themen Unbundling, Metering und neue Geschäftsmodelle für VNB.

Lassen Sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen und melden Sie sich gleich an unter www.verteilnetzforum.ch